Suche für Verlage: Mehr als ein trendiger Hype?
Kaum ein Thema scheint die Verlagswelt derzeit mehr zu faszinieren, als das Thema Suche. Wo man auch hinkommt, mit wem man auch spricht – die Suchtechnologie ist in aller Munde.
Aber warum ist das so, ist hier vielleicht ein neuer Modetrend am Werk? Liegt hierin ein neues Heilsversprechen für die Monetarisierung von Fach-Content, nachdem sich die Mobile-Hoffnungen größtenteils verflüchtigt haben? Tatsächlich kehrt an mancher Stelle schon wieder Ernüchterung in die anfängliche Such-Euphorie ein.
So erklärte neulich ein Verlagsmanager in einem persönlichen Gespräch, dass es doch in Wahrheit bei z.B. rechtlichen Fachinhalten gar nicht so sehr auf die Nutzung ankomme. Viel wichtiger sei doch, dass der User die Gewissheit habe, dass er jederzeit etwas nachsehen könne, wenn er es denn müsste. Am glücklichsten wäre er jedoch, wenn er nicht nachsehen müsste. Also wäre dem Nutzer am besten mit einem alles umfassenden Werk zu seinem Fachgebiet gedient. Wozu also die ganze Mühe für einen besonders ausgefeilten Informationszugang?
Nun mag diese Meinung vielleicht eine etwas zugespitzte Einzelmeinung sein, aber tatsächlich tun sich die Verlage größtenteils noch immer schwer in der Auflösung traditioneller Produkt-Denkweisen und auf dem Weg hin zu individuelleren, ja sogar personalisierten oder profilbasierten Fachinformationsangeboten. Dabei sind sich eigentlich alle einig: Der Anteil der „Digital Natives“ steigt auch bei den Nutzern von Fachinhalten beständig an, und die printbasierte Sicht nach dem Motto „viel hilft viel“ geht langsam aber sicher ihrem Ende entgegen. Klar, kaum jemand konsumiert berufsbezogene Fachinformation aus Spaß und ist dabei ähnlich verführbar, wie im privaten Umfeld. Das macht es rein nutzungsbezogenen und verbrauchsbezogenen Abrechnungsmodellen schwer. Aber warum soll es im Verlagsbereich nicht möglich sein, mit Mengengerüsten zu operieren, Flatrate-Angebote einzuführen und flexible Abrechnungsmodelle oder sogar kombinierte Geschäftsmodelle nicht nur produktübergreifend, sondern auch produktartübergreifend anzubieten? Und wenn schon die Nutzung von Fachinformationen keine reine Herzensangelegenheit ist, warum sie dann nicht wenigstens so komfortabel wie möglich gestalten? Der schnelle, zielgerichtete und passgenaue Zugriff auf die situationsabhängig erforderliche Einzel-Information – nicht mehr und nicht weniger – ist das Killer-Kriterium für die Informationsbeschaffung der nahen Zukunft. Der Schlüssel dazu ist die Suchtechnologie. Sie führt den Nutzer meist unbewusst schon längst durch seinen Alltag – den Google-Algorithmen geschuldet. Kaum sucht er dagegen bezahlten, professionellen Rat in seinem Verlags-Fachportal, stößt er womöglich auf die Internet-Steinzeit. Wie lange werden die Nutzer das noch akzeptieren? Suchtechnologie bedeutet schon lange nicht mehr nur die Volltextsuche über einen Suchschlitz. Mit ihr werden die Inhalte aufbereitet und kontextbezogen ausgesteuert. Vollautomatisiert und im Hintergrund. Das prägt zunehmend die Gewohnheiten der Menschen, und die Verlage werden sich dem nicht entziehen können. Darum ist die Suche für Verlage weder ein Modetrend, noch ein Hype. Sie ist schlichtweg eine Überlebensfrage.
Welche Meinung haben Sie zum Thema? Wo liegen Ihrer Erfahrung nach die größten Herausforderungen und wo sehen Sie die meisten Chancen? Ich freue mich über jedes Feedback: Markus.Brandt@shi-gmbh.com

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